Freitag, 25. September 2015

Kreatives Stricken

Immer wieder werde ich beim Zeigen meiner Strickwerke nach Anleitung gefragt. Nun, kreatives Arbeiten heisst die eigene Phantasie und Intuition zu verwenden und genau das tu ich. Vieles wächst direkt auf meinen Nadeln, ohne irre und aufwendige mathematische Jonglierereien, eben spontan und deshalb auch nirgends notiert. Es ist eh jedes Material wieder anders im Verhalten und zweimal dasselbe strick ich eh nicht. Mein Blog soll als Inspiration dienen und auch Mut machen, eigene Wege zu suchen und probieren.

Mit dem Strickbuch gebe ich euch stricktechnisch die Grundlagen dazu. Auch wenn es niemals vollständig sein kann, so versuch ich doch von mir angewandte Techniken dort zu zeigen – sofern es mir die Zeit zulässt.

http://alpistrickbuch.blogspot.com/

Stricken ist in erster Linie ein Handwerk, was gelernt werden will, wie vieles andere auch. Und auch hier gilt: durch Fehler lernt man am meisten. Und so wie wir damals in der Schule mühsam die ersten Buchstaben gemalt haben und erst durch Übung die Fähigkeit erlangten einfach drauslos zu schreiben, ist es auch mit dem Stricken.

Als ich das Stricken lernte, konnte ich noch nicht mal lesen. *lach* Aber es gab auch nur wenige Strickbücher, Internet war etwas aus SinceFiction, unvorstellbar, dass sowas mal möglich sein wird. Man musste zwangsläufig selber Wege finden, weil nicht immer eine Freundin, Mutter oder Nachbarin wusste, wie man dies nun macht oder lösen könnte. Ich denke, gerade deshalb hab ich so einen grossen Fundus an Strickwissen, weil ich mir vieles selber erarbeiten oder gar austüfteln musste.

Mit dem Handwerk selber etwas zu gestalten ist auch Übungssache. Die Vorstellung vieler Stricker, dass ein Strickmodell einfach mal so und auf den ersten Anhieb zustande kommt, hat aber so gar nichts mit der Realität zu tun.
Was als Design auf Ravelry präsentiert wird, ist es in den meisten Fällen nicht wirklich. Zu Design gehört weit mehr, als einfach einen Pullover oder Jacke zu stricken. Es ist ein langer Entwicklungsprozess, bis ein Kleidungsstück wirklich ein gutes Design hat. Nicht umsonst ist Modedesign ein Beruf, der eine entsprechende Ausbildung erfordert.

Nun geh ich natürlich für meine gestrickten Teile nicht gleich vor, wie wenn ich eine Kollektion designen würde.
Trotzdem, wenn ihr hier ein Werk von mir zu sehen bekommt, seht ihr nicht, wie oft ich auf dem Weg zum fertigen Teil Probeläppchen gestrickt habe oder ein begonnenes oder gar fast fertiges Stück wieder aufliess, weil der ursprünglich angedachte Plan nicht hinhaut oder ich ein völlig anderes Material suchen muss, weil Idee und gewähltes Material nicht zusammen passen wollen oder die Proportionen nicht stimmen, es zwar flach gut ausschaut aber getragen nicht, ect. Das klingt jetzt vielleicht für viele nach unendlich viel Arbeit und Mühsal, ist es aber nicht wirklich. Denn genau das macht das kreative Arbeiten aus!
Und den Spass am Stricken kann man ja auch an Teststücken und Versuchen ausleben. ;-)



Es ist der Prozess an sich, das entwerfen, erfinderisch sein auf der Suche nach Lösungen, um letztendlich etwas wirklich Einzigartiges zu erschaffen. Eben ein kreatives Werk und nicht bloss ein Machen, sprich nach genauer Vorgabe ein Teil zu nadeln. Das gibt eine Befriedigung, die kein Stück nach Anleitung gestrickt zu geben vermag.

Sich an Strickwerken anderer zu inspirieren hat auch nix mit klauen zu tun, auch wenn das viele aus falsch verstandenem Urheberrecht glauben. Auch die grössten Modedesigner holen sich ihre Ideen auf der Strasse. ;-) Was man daraus macht ist entscheidend!

Weil für mich Stricken in erster Linie ein gestalterisches Hobby ist, ich selber gerne frei und kreativ arbeite und dies auch fördern möchte, schreib ich ganz selten Anleitungen. Ich wünsch mir im Gegenteil wieder mehr Blogger, die inspirierend posten. Das braucht kein Preisgeben von Details, aber das erzählen über einen Prozess bzw. wie man für sich die Lösung gesucht und gefunden hat, das ist Inspiration pur! Das lässt, wenn man sich dafür öffnet, eigene neue Ideen wachsen.



Gute Fachbücher (müssen nicht die neuesten Werke sein, stricken wurde nicht erst kürzlich erfunden) ein bisschen Zeiteinsatz für Internetrecherchen, es gibt heute so viele Möglichkeiten Lösungen zu finden. Man muss auch nicht jede Technik beherrschen, schon mit den einfachsten Strick-Grundkenntnissen lässt sich unendlich viel gestalten. Und mit jedem Strickstück kann man sich einer neuen Herausforderung stellen.

Viele stehen sich dabei aber selber im Weg, weil sie sich nur auf Strickanleitungen verlassen und möglichst jeden Schritt ganz genau erklärt bekommen wollen. Damit verbaut man sich jedoch selber die Möglichkeit durch Erfahrung Erkenntnisse zu gewinnen, auf denen man sich weiter entwickeln kann.

Als Kontrast zur Arbeitswelt, wo man möglichst viel in möglichst kurzer Zeit und meist auch noch in einer genormten Weise leisten muss, ist es doch umso wichtiger im Hobby den Ausgleich dazu zu haben. Das bewusste Tun gepaart mit spielerischer Kreativität – dann ist es Genuss, Befriedigung für die Seele und Erholung pur.

So ist und bleibt das Hobby Stricken auch interessant und spannend. Man braucht dafür keinen sinnlos grossen Garn- und Wollvorrat. Aus dem Vorhandenen etwas zu gestalten ist im Gegenteil eine spannende und schöne Herausforderung und wenn‘s gelingt, hat man letztendlich ein exklusives Einzelstück.

Und macht dies nicht viel mehr Freude, als ein vollgestopfter Kleiderkasten mit bergeweise gestrickten Tüchern und Pullovern?

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